Artikel 16 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte beschreibt den grundlegenden Schutz von Ehe und Familie: die Freiheit zur Eheschließung, die Gleichberechtigung der Ehepartner und die Freiheit zur Familiengründung.
Eine verbindliche Ausformung enthält der in Artikel 16 angelegte Schutz von Ehe und Familie in Artikel 23 des UN-Zivilpaktes.
Eheschließung
Artikel 16 schützt die Freiheit des Einzelnen, die Ehe einzugehen. Diese Ehefreiheit wird sowohl in ihrer positiven wie in ihrer negativen Wirkung geschützt:
- Artikel 16 gewährt das Recht zur Eheschließung unabhängig von Rasse, Staatsbürgerschaft oder Religion. Niemanden darf daher die Eheschließung aus rassischen oder religiösen Gründen verboten werden.
- Artikel 16 schützt aber auch die Freiheit, die Ehe nicht eingehen zu wollen. So bestimmt Absatz 2, dass die Ehe „nur auf Grund der freien und vollen Willenseinigung der zukünftigen Ehegatten geschlossen werden“ darf. Eine Zwangsheirat ist hiernach ausgeschlossen, und zwar unabhängig davon, wer diesen Zwang auslöst. Der Schutz des Artikel 16 besteht sowohl gegenüber staatlichem Zwang wie auch gegenüber Zwang, der etwa von Eltern und Familie oder von der Gesellschaft ausgeübt wird.
Artikel 16 schützt die Ehefreiheit allerdings nur für „heiratsfähige Männer und Frauen“. Die Bestimmung, wer heiratsfähig ist, obliegt den staatlichen Gesetzen, in denen daher festgelegt werden kann, dass die zukünftigen Ehegatten ein bestimmtes Mindestalter („heiratsfähiges Alter“) aufweisen müssen.
Artikel 16 verbietet auch nur ein Beschränkung der Ehefreiheit aus Gründen der Rasse, der Staatsangehörigkeit oder der Religion. Die Staaten sind dagegen frei, in ihren Ehegesetzen andere Ehehindernisse zu bestimmen wie etwa das Verbot der Doppelehe oder das Verbot der Hochzeit zwischen nahen Blutsverwandten.
Artikel 16 steht auch einer gesetzlichen Regelung nicht entgegen, wonach zur Eingehung der Ehe ein gewisses geistiges Verständnis vorausgesetzt wird. Allerdings ist in diesem Zusammenhang dann auch die spezielle Regelung zum Schutz von Ehe und Familie in Artikel 23 der UN-Behindertenrechtskonvention zu beachten.
Artikel 16 definiert nicht den Begriff der Ehe. Ob hierunter aber auch gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften zu fassen sind, dürfte angesichts des Erstehungshorizontes im Jahre 1948 und der auch heute noch in weiten Teilen der Welt bestehenden Ablehnung mehr als zweifelhaft sein.
Gleichberechtigung der Ehegatten
Artikel 16 postuliert die gesetzliche Gleichbehandlung der Ehegatten
- bei der Eheschliessung,
- während der Ehe und
- bei deren Auflösung.
Diese Forderung entsprach bei der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte im Dezember 1948 sicherlich nicht der Lebenswirklichkeit oder auch nur den rechtlichen Verhältnissen in den einzelnen Staaten. Demgemäß wird diese Aussage überwiegend als eine Verpflichtung der Staaten verstanden, bestehende Ungleichheiten abzuschaffen und auf eine Gleichberechtigung der Ehegatten hinzuarbeiten.
Artikel 16 schreibt die Gleichbehandlung auch für den Fall der Auflösung der Ehe vor. Die Staaten dürfen daher in ihren Rechtsordnung keine Regelungen dulden, durch die etwa die Frau im Falle der Scheidung benachteiligt wird. Ein Anliegen, dass die Internationale Staatengemeinschaft später in Artikel 16 der UN-Frauenrechtskonvention nochmals aufnimmt, spezifiziert und für die Staaten verbindlich regelt.
Schutz der Familie
Artikel 16 schützt das Recht, eine Familie zu gründen und unterstellt die Familie dem Schutz von Staat und Gesellschaft. Die Staaten sind damit verpflichtet, für Schutz und Unterstützung der Familie Sorge zu tragen.
In Artikel 16 wird die Familie beschrieben als „die natürliche und grundlegende Einheit der Gesellschaft“, auf eine nähere Definition wird aber auch bei dem Begriff der Familie verzichtet. Insoweit wird auch in Artikel 16 – wie bereits beim Schutz der Privatsphäre nach Artikel 12 – das bestehende, durch den jeweiligen Kulturkreis und die Religion vorgeprägte Verständnis von Ehe und Familie in Bezug genommen.
Artikel 16
(1) Heiratsfähige Männer und Frauen haben ohne jede Beschränkung auf Grund der Rasse, der Staatsangehörigkeit oder der Religion das Recht, zu heiraten und eine Familie zu gründen. Sie haben bei der Eheschließung, während der Ehe und bei deren Auflösung gleiche Rechte.
(2) Eine Ehe darf nur bei freier und uneingeschränkter Willenseinigung der künftigen Ehegatten geschlossen werden.
(3) Die Familie ist die natürliche Grundeinheit der Gesellschaft und hat Anspruch auf Schutz durch Gesellschaft und Staat.